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Über die Neue Prager Hütte zum Grossvenediger (3674m) - April 2009
Nach unserer Anfahrt am Freitag vormittag donnerten ins Gschlößtal Nassschneelawinen herunter. Wir zogen es vor unseren Anstieg zur Prager Hütte auf den nächsten Morgen zu verschieben und gönnten uns eine ruhige Nacht im Matreier Tauernhaus (1512 m).
Die Sonne hatte uns im Nebel gut geröstet und zwei Skistöcke wurden Opfer der Abfahrt. Jetzt kamen doch mal die stets mitgeführten Reservestöcke zum Einsatz. Mit einem guten Abendessen und Rotwein beschlossen wir diesen "Eingehtag" bald.
Am Samstagmorgen brachen wir zeitig ins Gschlößtal auf und stiegen die 5km entlang des Gschlößbachs über die Lawinenkegel des Vortages und durch die Siedlung Außergschlöß ins Gschlößtal ein. Es war noch kalt und die steilen Südhänge im Engpaß hinter der Siedlung weitgehend entladen. Durch das dick verschneite und menschenleere Innergschlöß (1689m) geht es fast eben dahin bis zum Talschluss. Die erste Steilstufe durch lichten Wald, heraus aus dem Tal, gestaltete sich "unbequem". Die zahlreichen Spitzkehren strapazierten unsere Felle bevor sich das Gelände als "begehbar" erwies. Am späten Vormittag wurde es an diesem sonnigen Tag bei nahezu Windstille recht heiß. Jetzt machte sich auch das Gewicht des 60m-Seils bemerkbar. Und der Anstieg zog sich dahin während die Hütte auf 2796m Höhe schon weithin sichtbar war ...
Der Anblick der Neuen Pxrager aus der Nähe kam uns unheimlich vor. Alle Fensterläden waren geschlossen und wer sich jetzt sofort ein frisches Bier erhoffte, wurde unerwartet enttäuscht. "Jetz iss erst mal Warten anjesaacht", empfing uns der offenbar neue Hüttenwart.
Wir mussten an diesem herrlichen Frühjahrsabend unser Abendessen in einer dunklen Höhle zu uns nehmen. Der Wirt hatte eigenhändig alle Fensterläden zugeschraubt um Heizung zu sparen. Dafür knöpfte er uns auch noch eine Heizungspauschale von 2,50 Euro pro Kopf ab. Der Abend verlief in stickig feuchter Luft, denn im Aufenthaltsraum und im Nebenraum gab es die einzige Möglichkeit die verschwitzten Schuhe, Socken und Hemden zu trocknen atemberaubend. Mit feuchten Socken an den Füßen war's dann trotzdem eine gute Nacht in unserem schön renovierten 4-Bett-Zimmer und am nächsten Tag waren wir fit für den Venediger.
Auf der Abfahrt Richtung Defreggerhaus (2962m) träumten wir schon vom Apfelstrudel, da hüllte uns dichter Nebel ein. Uns wurde mulmig, weil wir aufpassen mussten nicht zu weit westlich an die Abbruchkante zu gelangen. Unterhalb des Rainerhorns legten wir eine Pause ein und warteten auf bessere Sicht - vergebens. Mit Kompass und Höhenmesser tasteten wir uns im lehrreichen, teilweise windgepressten Schnee ins weiße Nichts abwärts, immer froh wenn mal ein anderer vorfuhr. Unten wurde die Sicht etwas besser und wir erreichten in der richtigen Höhe das Mullwitzaderl, den Grat den wir überschreiten mussten um zum Defreggerhaus zu gelangen. Der Nebel lichtete sich und die Hütte kam in Sicht - schon wieder alle Fensterläden geschlossen! Als wir das Haus erreichten stellten wir fest, dass die Wirtsleute dieser Nicht-DAV-Hütte kurz zuvor abgefahren waren kein Apfelstrudel, kein Bier. Nun ja, also den Winterraum freischaufeln, einheizen, Schnee schmelzen, schaun was unsere Vorgänger und die Mäuse übriggelassen haben. Schauderhaft, was manche hier so zurücklassen! Nach dem Aussortieren spendierten wir die teilweise vergammelten Überbleibsel dem Ofen.Den Nachmittag nutzten wir, um uns an der Hüttenwand in der Sonne zu räkeln und endlich unsere feuchten Socken und Innenschuhe zu trocknen. Das Klo am Haupthaus entpuppte sich als eisiges Kristallzimmer, echt sehenswert! Nach Sonnenuntergang wurde es saukalt und wir verzogen uns an den Ofen im Winterraum. Es dauerte ewig bis es warm wurde, dann gab es vorgefundene Spiralnudeln in dünner Tomatensuppe! Hauptsache heiß! Wir hatten für die kalte Nacht noch Holz nachgelegt. Irgendwann roch es verdächtig nach Rauchgas - Panik: Zieht der Ofen richtig? Der Ofen war aus. Also kurz durchlüften und weiterschlafen.
Bei einem kargen Frühstück beschließen wir auf das Rainer Horn (3560 m) zu gehen. Der Aufstieg findet wieder bei Nebel statt. Als Orientierung diente uns vorerst der Grat des Mullwitzaderls. Auf unserem weiten Linksbogen über den Mullwitzkees riss überraschend schlagartig die Wolkendecke auf und der Hohe Zaun stand vor uns. Wir standen mitten auf dem großen Schneetableau und das Panorama war überwältigend. Beim Aufstieg mit Harscheisen über die relativ steile Nordflanke des Rainerhorns pfiff uns ein eiskalter Wind um die Ohren.
Nach kurzem Gipfelaufenthalt mit Großglockner-Blick schwangen wir mit voller Konzentration die hartgefrorene Nordflanke des Rainerhorns hinunter und legten mitten im Oberen Keesboden unsere Mittagspause ein. Der Blick nach Osten über's Gschlößtal hinweg war grandios. Dort drüben lag die Grünseehütte, von der wir am Freitag herübergeschaut hatten. Und der Großglockner mit seinem Stüdlgrad erhob sich klar über der dünnen Wolkendecke. Bei kalter Wintersonne und heißem Tee beschlossen wir durch's Innere Kesseltörl auf den Viltragenkees abzufahren, in der Hoffnung schattseitig noch Pulverschnee vorzufinden. Stattdessen erwartete uns fürchterlichster Bruchharsch. Nach extrem mühsamer Abfahrt mit unzähligen Spitzkehren, drang uns der Schweiß aus allen Poren. Der Schnee wurde nun immer schwerer und wir mussten das lange Viltragen- und das Gschlößbachtal hinter uns bringen. Leichter bekleidet ging's weiter im "alpinen Langlauf".
Noch ein Blick zurück zur ersten Steilstufe des Aufstieges, dann durch das verlassene Innergschlöß und über die so beeindruckenden Lawinenkegel gestiegen, konnten wir nach kurzem Gegenanstieg durch Aussergschlöß auf dem Waldweg in die Ebene hinausgleiten.
Auf der sonnigen Terrasse des Matreier Tauernhauses flossen endlich die ersehnten Flüssigkeiten durch unsere Kehlen, um unseren Durst zu stillen - schön war's!
B & S, ASC (aktualisiert am 14.12.2009)